Papiergold ist nicht Gold: Warum Sie auf physische Barren und Münzen setzen sollten
Lesezeit: 8 Minuten
Autor: Sebastian Nagel, CFA
Wichtigste Punkte:
Papiergold wie ETCs, Futures oder Zertifikate sind lediglich Ansprüche – kein physisches Eigentum.
Im Krisenfall können Emittenten oder Börsen Regeln ändern, Lieferungen aussetzen oder Zahlungen verweigern.
Physisches Gold bietet echte Sicherheit: kein Kontrahentenrisiko, keine Abhängigkeit von Finanzinstituten.
Historische Beispiele wie der Zusammenbruch des London Gold Pools zeigen die Verwundbarkeit papiergestützter Systeme.
Wer Gold als Krisenwährung oder Vermögensschutz sieht, sollte ausschließlich physische Münzen und Barren besitzen.
In unserer digitalen Welt ist es verlockend, Vermögenswerte per Mausklick zu erwerben. Ein Blick in Ihr Online-Depot zeigt eine Position "Gold-ETC" oder "Gold-Zertifikat", und Sie fühlen sich sicher. Doch was besitzen Sie wirklich? Für Anleger, die nicht nur auf steigende Kurse spekulieren, sondern echte, krisenfeste Sicherheit suchen, ist die Antwort auf diese Frage von existenzieller Bedeutung. Es ist Zeit, den fundamentalen Unterschied zwischen einem bloßen Papierversprechen und dem Besitz von echtem, physischem Gold zu verstehen.
Die zwei Welten des Goldhandels: Physisch vs. Papier
Um die Risiken zu verstehen, müssen wir die beiden Goldmärkte klar voneinander trennen:
Der physische Markt
Hier geht es um das Eigentum an einem konkreten, greifbaren Gegenstand – einem Barren oder einer Münze mit einer eindeutigen Seriennummer. Sie sind der alleinige Eigentümer. Dieser Markt ist relativ klein, direkt und ehrlich.
Der Papiermarkt
Hier werden nicht reale Barren, sondern nur Ansprüche auf Gold gehandelt. Dieser Markt ist um ein Vielfaches größer, komplexer und basiert auf Hebelwirkung und Vertrauen. Die zugrundeliegende Annahme ist, dass nur ein Bruchteil der Besitzer jemals eine physische Auslieferung verlangen wird.
Die Anatomie der Papier-Versprechen und ihre Sollbruchstellen
Lassen Sie uns die gängigsten Papiergold-Produkte und ihre spezifischen Risiken analysieren:
Futures (an Börsen wie der COMEX)
Ursprünglich als Absicherungsinstrument für Minenbetreiber und Juweliere konzipiert, ist der Future-Handel heute zu 99 % reine Spekulation. Wie die Daten der Präsentation zeigen, führen nur sehr wenige Kontrakte tatsächlich zu einer physischen Lieferung. Das System funktioniert, weil die meisten Händler ihre Positionen vor Fälligkeit glattstellen oder sich mit einem Barausgleich zufriedengeben.
Das Risiko
In einer Vertrauenskrise, wenn viele Händler auf physischer Lieferung bestehen ("delivery notice"), könnte die Börse die Regeln ändern, Lieferungen aussetzen oder einen Barausgleich zu einem für Sie ungünstigen Preis erzwingen.
Gold-ETCs (Exchange Traded Commodities):
Diese sind bei Privatanlegern beliebt, weil sie so einfach wie eine Aktie handelbar sind. Doch ein ETC ist rechtlich eine Schuldverschreibung des Emittenten. Sie besitzen also kein Gold, sondern einen Anspruch gegen eine Finanzinstitution.
Die Risiken
Kontrahentenrisiko: Geht der Emittent des ETCs pleite, ist Ihr Investment Teil der Insolvenzmasse.
Verwahrrisiko: Das Gold wird oft von einem Depot-Verwahrer (Custodian) gehalten, der wiederum Unter-Verwahrer (Sub-Custodians) einsetzen kann. Sie haben keine direkte vertragliche Beziehung zu der Institution, die Ihr Gold tatsächlich lagert.
Lieferanspruch: Ein Lieferanspruch ist oft nur für institutionelle Großanleger und ab sehr hohen Mindestmengen (z.B. ein ganzer 400-Unzen-Barren) möglich und mit hohen Kosten verbunden.
Unallocated (nicht zugeordnetes) Gold:
Dies ist die riskanteste Form. Wenn Sie "unallocated" Gold bei einer Bank kaufen, leihen Sie der Bank im Grunde Geld. Die Bank schuldet Ihnen eine bestimmte Menge Gold, hat aber nicht unbedingt einen spezifischen Barren für Sie reserviert. Ihr "Gold" steht auf der Bilanz der Bank. Im Falle einer Bankenpleite sind Sie nur ein ungesicherter Gläubiger.
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Die Lehren der Geschichte: Wenn Papier-Systeme brechen
Die Vorstellung, dass ein Papiermarkt zusammenbrechen könnte, ist keine Verschwörungstheorie. Die Geschichte liefert ein prominentes Beispiel: Der London Gold Pool. In den 1960er Jahren versuchten mehrere westliche Zentralbanken, den Goldpreis bei 35 Dollar pro Unze zu halten, indem sie physisches Gold auf dem freien Markt verkauften, um die Nachfrage zu befriedigen. Als die Nachfrage nach echtem Gold, angeführt von Frankreich, zu groß wurde, brachen ihre physischen Reserven zusammen. Im März 1968 musste der Pool kollabieren – ein Eingeständnis, dass Papierversprechen und Marktinterventionen der Realität der physischen Knappheit nicht standhalten können.
Die Logik des physischen Besitzes
Warum bestehen Zentralbanken auf der Repatriierung ihres physischen Goldes? Warum vertrauen die am besten informierten Akteure der Welt nicht auf Zertifikate aus London oder New York? Weil sie wissen: Nur physisches, direkt kontrolliertes Gold bietet absolute Sicherheit.
Nur in physischer Form ist Gold die ultimative Absicherung. Foto: Zlataky cz
Ihre Vorteile bei physischem Besitz:
Kein Kontrahentenrisiko: Ihr Vermögen ist unabhängig von der Bonität einer Bank oder eines Fonds.
Echtes Eigentum: Sie sind der alleinige, rechtmäßige Eigentümer eines realen Vermögenswertes.
Krisenwährung: Im absoluten Notfall ist ein physischer Barren oder eine Münze ein weltweit akzeptiertes Tauschmittel.
Unabhängigkeit: Es ist ein Vermögenswert außerhalb des digitalen Finanzsystems, der nicht per Mausklick eingefroren oder gelöscht werden kann.
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Wählen Sie echte Sicherheit statt bequemer Versprechen
Die Bequemlichkeit von Papiergold hat ihren Preis: ein Netz aus Gegenparteirisiken und Vertrauensabhängigkeiten. Für Anleger, die Gold als ultimative Versicherung und als Fundament ihres Vermögensschutzes betrachten, gibt es keine Alternative zum physischen Besitz. Es ist der einzige Weg, um sicherzustellen, dass Sie im entscheidenden Moment nicht nur ein Stück Papier, sondern echtes, wertbeständiges Vermögen in Händen halten.
Quellenangaben
Verbraucherzentrale: „Gold aufbewahren: Am liebsten im Bankschließfach“
FundResearch: „Die besten Anbieter von Bank-Schließfächern im Vergleich“
Ostdeutsche Sparkasse:„Edelmetalldepots – so funktioniert es“
Hinweis:
Alle zur Verfügung gestellten Informationen (alle Ideen, Meinungen, Ansichten, Annahmen, Kommentare, Hinweise etc.) sind meine persönliche Meinung und dienen allein der Bildung und der Unterhaltung. Sie sind nicht als persönliche Anlageberatung zu verstehen.